Samstag, 8. Mai 2010

Wahl in NRW: Große Gesten – kleine Inhalte


Was passiert eigentlich am Sonntag? Hat hier jenseits der globalen Themen und des Bundestrends irgendetwas Programmatisches der Wahlkämpfer den Wähler erreicht?
Es hat den Anschein, dass CDU, SPD und FDP schlicht alles zu vermeiden suchten, was Orientierung geben und Gegenstand von Debatten hätte werden können.
Der Ministerpräsident würde offenbar gern als Reinkarnation von Johannes Rau durchgehen und hat genug damit zu tun die Durchstechereien in den eigenen Reihen mit dem präsidialen Selbstbild in Einklang zu bringen. Da bleibt nicht viel Raum für Aussagen zur Zukunft des Bundeslandes. Das könnte also eigentlich die Stunde der Kandidatin Kraft sein. Aber die hat es nach ihrem missglückten Beitrag zur Hartz IV-Diskussion leider vorgezogen dem Muttertag im Wahltag den Vorzug zu geben. Ihr NRW, so lässt sie uns wissen, ist fair, aufrichtig, herzlich, stolz und kann sich unter ihr auf den Wegfall der Studiengebühren freuen.
Hallo liebe Kandidaten? Können wir es vielleicht etwas politischer haben? Ist ja nicht so, dass es keinen Handlungsdruck oder einen Mangel an Themen gäbe: Attraktivität des Ruhrgebiets für Hochqualifizierte, Bildungschancen für Migrantenkinder, Mangel an Ausbildungsplätzen, Überschuldung der Kommunen, Umbau der Energiewirtschaft und so weiter.
Tatsächlich sind die beiden großen Parteien in NRW mittlerweile arm an Differenzierung. Was ist eigentlich von der vollmundigen schwarz-gelben Regierungserklärung von 2005 übriggeblieben? Wann hat man bei der SPD zuletzt über den weiteren Erneuerungskurs des bevölkerungsreichsten Bundeslandes mit seinem unbewältigten industriellen Umbruch nachgedacht? Die vielen Unternehmen im Land haben längst gelernt, dass sie von den großen Parteien wenig wirtschaftlich Gestaltendes zu erwarten haben und vertrauen auf ihre eigene Kraft. Man könnte sich schon glücklich schätzen, würde sich Regierungshandeln wenigstens entschlossen mit der Ertüchtigung der Bildungsinstitutionen befassen. Nein, das was man uns an Positionen vorstellt, erscheint wenig überzeugend und sehr austauschbar.
Man sollte sich gelegentlich daran erinnern, dass die Menschen an Rhein und Ruhr es gerne handfest und zupackend haben. Große Gesten sind ihre Sache nicht.