Donnerstag, 11. Dezember 2008

Entspannt: Everything that happens...

So manches was uns in diesen Tagen jene zügig auf das Rentenalter zuschreitende Altstars aus Rock und Pop, von Fleetwood Mac bis Led Zeppelin, auf Comeback-Farewell- oder Abschied-vom-Abschied-Tourneen zumuten, ist nur mit ausgeprägtem Sinn fürs Nostalgische und großem Respekt vor der jeweiligen Lebensleistung zu ertragen.

Jetzt haben sich zwei zurückgemeldet, von denen niemand ernsthaft eine finale Abkassiertour mit musikalischen Rezyklaten erwarten würde. Im Gegenteil: Wenn die Pop-Avantgardisten David Byrne (56) und Brian Eno (60) sich Jahre nach ihren Talking Heads-Erfolgen mit einem gemeinsamen Projekt zurückmelden, werden sie eine Menge erregter Aufmerksamkeit unter Kritikern (und alten Bewunderern wie mich) finden.

Allein die Story über die Entstehung ihres neuen Albuns „Everything That Happens Will Happen Today“ bedient alle Klischees über die intellektuelle wie künstlerische Experimentierfreude der beiden: Der eine (Eno) erwähnt bei einem gemeinsamen Dinner eher beiläufig, dass er noch ein paar instrumentelle Entwürfe in der Schublade hat, die darauf warten arrangiert und betextet zu werden. Der andere (Byrne) zeigt spontan Interesse und weiß seit 30 Jahren, zu was beide miteinander fähig sind. In einer mehrjährigen lebhaften E-Mail-Korrespondenz geht es fortan hin und her zwischen London und New York mit Arrangements, Lyrics und Probeaufnahmen.


Wer in das Ergebnis an einer beliebigen Stelle hineinhört, weiß um den entspannten Spirit mit dem die beiden Künstler ans Werk gegangen sein müssen. Hier musste sich offensichtlich keiner mehr was beweisen. Eno konnte sich, wie er sagt, ganz auf die lyrischen und melodiösen Instinkte seines Freundes verlassen, der wiederum auf Enos kreativen Einsatz von Samplings und Musikstilen von Country bis Gospel. Herausgekommen ist ein wirklich cooles, entspanntes Album, das selbst seine Schöpfer überrascht hat. Das Ergebnis, so Byrne, sei schon sehr verschieden von dem, was er alleine gemacht hätte. Er neige ja sonst doch zu eher komplizierten Formen. Aber die Hörer seien gewarnt: Hinter dem relaxten Titel, schmeichelnden Melodien und einem Cover, dass an die simplen Lebenswelten von Sims-Vorstadt-Familien erinnert, lauern natürlich unübesehbare Piktogramme des Anspruchs, wie der Warnhinweis an die Kritiker in „Strange Ovetones“: „Your words can not explain.“.


Wahre Fans indes freuen sich ganz schlicht über die vorweihnachtliche Überraschung und einen Vertriebsweg, der mindestens so „laid-back“ wie die neuen Songs ist: Wenige Klicks zur Registrierung auf www.everythingthathappens.com und schon startet der Download des Albums für umgerechnet schlanke 6,75 Euro auf den Rechner (Für 9 Euro kriegt man neben dem Download-Link auch noch die CD geschickt.) Fazit: Entspanntes Projekt, entspannte Musik. Glückliche Fans, verzweifelte Majors, denen mal wieder ein großer Wurf durch die Lappen gegangen ist. (déja vu? Siehe Beitrag weiter unten zu Radiohead)

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