Freitag, 23. Juli 2010

Buschhuhn for Wappentier


Reisen erweitert den Horizont. Das wissen wir nicht erst seit den Reisen von Humboldt oder Darwin. (Zumal man sich in Teilen der USA immer noch schwer tut, den Horizont des Letzteren anzuerkennen.) Aber alle, denen die Erde keine Scheibe mehr ist, finden auf ihren Reisen rund um den Globus auch zu einem neuen Blick auf die eigene Kultur. So etwa unsere Tochter Katharina, seit knapp einem Monat zum Studium in Australien. Hier begegnete sie einem wundersamen Tier.

Der Australian Brush-Turkey (deutsch: Buschhuhn) gehört zur Spezies der Großfußhühner und macht Haufen. Mit seinen Riesenfüßen schiebt das Männchen Laub zusammen, bis zu einem einen Meter hohen Hindernis und stattlichen vier Metern Durchmesser. Da hinein legt das Weibchen bis zu 24 Eier. Das Männchen kümmert sich fortan per Materiallogistik um die optimale Bruttemperatur im Nest. Um diese zu überwachen steckt es seinen Kopf als Messfühler regelmäßig in den Haufen.

Man könnte sich fragen, ob dieser Vogel nicht ein würdigeres Symboltier für das moderne Deutschland wäre als der Bundesadler. Sind die Zeiten nicht vorbei, in denen deutsche Tugenden über die domestizierten und verbürgerlichten Eigenschaften des Reichsadlers repräsentiert werden mussten? In einer modernen, globalen Gesellschaft dürften noch nicht einmal paschtunische Stammeseliten mit den Zuschreibungen von Mut, Wehrhaftigkeit und Macht des Raubvogels zu beeindrucken sein. Also, lasst uns den Bundesadler in die verdiente Ruhestandsvoliere schicken. Für das neue Deutschland bietet das Buschhuhn ein deutlich angemesseneres heraldisches Potenzial: Es ist ein geselliger Vogel (so wie man uns zur WM erleben durfte), es zeigt ausgeprägten Familiensinn (Sozialstaatsorientierung), es ist ein echter Kompostspezialist (Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung) und schließlich kleidet es sich in den Nationalfarben: schwarzer Körper, gelber, mitunter anschwellender Kehlkopf (also ganz FDP) und ein roter federloser Kopf. Konsequent grünes Nahrungsangebot. O.k., nicht gerade ein Beauty und auch ein eher schwerfälliger Flieger. Aber in jeder Hinsicht ein verlässlicher Partner, mit dem man durch schwierige Zeiten kommt.
Herr Wulff, eröffnen Sie Ihre Amtszeit mit einem starken symbolischen Akt. Machen Sie das Buschhuhn zum Wappentier.

Keine Kommentare: