Mittwoch, 2. Januar 2008

Laufend kommunizieren?

„Laufen Sie in einem Tempo, das es Ihnen immer noch erlaubt, während des Laufens mit Ihren Laufpartnern zu reden.“, heißt es in den Magazinen der Laufszene. Physiologisch gut gemeint, aber im Ernst: Will das jemand? Gerade für berufsmäßige Kommunikatoren ist es ein notwendiges Gegenprogramm durch schweigende Flora und Fauna zu traben und einmal keinen Medienvertretern, Stakeholdern und deren Kommunikationserwartungen zu begegnen. Vor allem die Tage „zwischen den Jahren“ verheißen hier ein paar erholsame Stunden in frostklirrender Kontemplation.

Wären da nicht die unvermeidlichen Begegnungen mit anderen Läufern oder der mittlerweile in deutlicher Überzahl stöckelnden neuen Stake-Holder, der Nordic Walker. Die anderen lassen sich natürlich nicht einfach ignorieren, wenn man an anderen Tagen des Jahres aktiv an der Beziehungs- und Grußkultur unter Läufern arbeitet. Dabei sieht man sich dann rasch wieder an den Luhmannschen Fundamentalsatz der Branche erinnert: „Kommunikation ist riskant!“ Will heißen: Wenn ich jetzt grüße, grüßt er zurück?

Die Empirie liefert ein paar typologische Hinweise:

  • Wer auf eine Entfernung von fünf Metern noch den Blick auf den Boden geheftet hält, mag nicht angesprochen werden. Dazu zählen vor allem meist allein laufende Frauen. O.k., ist wohl nachvollziehbar.
  • Lauf-Novizen hingegen sind mit der Grußpraxis nicht vertraut, aber oft am Laufstil erkennbar. Grüßen anfänglich gar nicht oder unsicher zurück. Das Bedürfnis dazu zu gehören, führt dann alsbald zu aktivem Grußverhalten.

  • Ganz anders dagegen Freizeitfußballer, denen der Trainer nach dem schwachen letzten Spiel zusätzliche Laufeinheiten verordnet hat. Haben eigentlich überhaupt keinen Bock auf das Laufen ohne Ball und muffeln sich möglichst grußlos über die Runden. Besser erst gar nicht ansprechen.

Eine gute Orientierung ist immer: Wer im Vorüberlaufen Blickkontakt aufnimmt, ist auch grußbereit.

Hat man sich nun auf die möglichen Herausforderungen der Laufetikette eingestellt, kommt die nächste gleich um die Ecke in Gestalt eines echten „Watchdogs“. Denn des Menschen bester Freund scheint den laufenden Menschen eher der Briefe zustellenden Kategorie der Spezies zuzuordnen. Zumindest einzelne Exmplare. Ich gebe zu, dass, wenn ein solcher Hund –leinenfrei– bellend auf mich zukommt, mein Pulsmesser sofort einen um mindestens 30 Schläge erhöhten Wert anzeigt. Das mit dem Blickkontakt könnte hier übrigens eine unerwünscht Kontakt fördernde Wirkung haben. Und dann springt er dich schon an, der dialektische Dreisatz des Hundehalters:

Der Hund nähert sich. - „Der tut nichts.“

Jetzt springt er an dir hoch. - „Der will doch nur spielen.“

Schließlich verbeißt er sich in den Ärmel deiner Jack-Wolfskin-Jacke und du hörst noch: „Das hat er aber noch nie getan.“

Merke: Gefahr geht nur von der Naivität oder Ignoranz der Hundehalter aus. Hunde sind nun mal sehr verspielt und schnelle Bewegungen können an ihre Jagdinstinkte appellieren, zumindest aber an ihren Spieltrieb. Zum richtigen Verhalten beim Zusammentreffen mit ("auffälligen") Hunden finden sich brauchbare Tipps in den einschlägigen Foren.

Wenn das alles nichts hilft, müssen Sie halt Opfer bringen: Gönnen Sie dem Hund eine Trophäe. Ein Laufhandschuh, die Trinkflasche, den Energieriegel. – Aber niemals Ihren Mitläufer!



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